Auf dem Meißnerlager habe ich beim Westforum eine Veranstaltung entdeckt, die mich magisch angezogen hat. Da wurde von der Waldjugend eine Veranstaltung angeboten, die sich mit der Zubereitung von Wild beschäftigen sollte. Das kann man ja immer mal gebrauchen, wenn man so draußen ist und der Zufall es will, dass man mal ein Stück Wild in die Finger bekommt. Die Waldjugend aus Hessen bot das an, die freiwillig im Wald arbeitet während wir am Lagerfeuer unsere Lieder singen. Alles ein bisschen abgefahren, aber der alte Fritz hat ja schon gesagt, jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Ich also dahin und habe mich mit bald 100 Anderen in die Runde gesetzt und der Dinge geharrt, die da kommen sollten.

Und sie kamen in Form eines kleinen Tieres im Fell, das vor unseren Augen aufgehängt wurde mit dem Kopf nach unten, also wie beim Kreuzigen nur andersrum. Aus dem Trupp Helfer schälte sich dann ein alter Knacker heraus im Lodenmantel aus dem letzten Krieg und einem grünen Hut, so wie ihn der Pelzig immer auf hat bei seinen Satiresendungen. Na und der klärte uns dann auf und wie!

Als erstes wurde uns erläutert, dass es sich nicht um Wildschwein sondern um ein Reh handele. Dann wurde das alte Märchen aufgetischt, dass das Reh nicht das Junge vom Hirsch ist. Dazu müsste man mal einen Zoologen fragen, ob das alles so stimmt. Dann wurde das Fleisch des Wildes in den höchsten Tönen gelobt, wie ökomäßig das wäre ohne Zusätze und übermäßig gesund. Das würde man nur seinen besten Freunden vorsetzen, wenn man es gut mit ihnen meinte. Und wie glücklich das Leben des Wildes im Wald wäre so herrenlos und niemandem verpflichtet. Da kamen mir schon echte Zweifel, als ich daran dachte, wie das arme Tier mit einem Gewehrschuss ermordet wurde. Ich würde mich danach nicht glücklich fühlen.

Dann kam ein Messer zum Vorschein und nun ging es richtig zur Sache. Das Fell wurde aufgeschnitten am rechten Hinterbein vom Gelenk nach unten. Wie erläutert wurde an der Grenze zwischen hell und dunkel gefärbtem Fell geschnitten, geschärft wie das fachtechnisch wohl heißt. Aber das schlimmste war, wie der Fuß am Gelenk getrennt wurde, die nennen den Fuß Lauf. Das Knacken ging mir durch Mark und Bein, was insgesamt vier Mal zu hören war. Ich glaube das ist nichts für mich, deshalb habe ich mich auch nicht freiwillig gemeldet, als der Knacker müde war und die Arbeit den Teilnehmern überlassen hat. Er hat das nicht so deutlich gemacht, sondern mehr pädagogisch begründet mit dem Hinweis darauf, nur was man mal selbst gemacht hat, vergisst man nicht so schnell. Es haben sich dann auch einige Freiwillige gemeldet, die in die Technik eingewiesen wurden und sich kundig machen konnten.

Das muss man der Veranstaltung lassen, sie war sehr anschaulich und praxisorientiert, wenn auch mit vielen Sprüchen garniert.

Nun kam das „Aus der Decke schlagen“, was ich nur in dem Zusammenhang interpretieren kann, wenn morgens einer nicht aus seiner Penntüte kommt. Das war aber hier nicht gemeint und wurde anschaulich vorgeführt. Das Ablösen des Felles, Decke genannt, weil man daraus früher Decken gemacht hat, erfolgt mittels Ziehen am Fell und Schlagen mit der Faust zwischen Fell und Fleisch. Das hat ganz gut funktioniert am Rücken des Rehs. Irgendwann war das Tier dann nackt und nun begann die Arbeit mit dem Fleisch. Das Zerlegen in die einzelnen Teile Keule (Hinterbein), Blatt (Vorderbein), Rücken und Hals. Das alles kann ohne den Einsatz einer Säge erfolgen, wie uns demonstriert wurde.

Inzwischen war der Vorführer wieder fit und erzählte uns, wie die einzelnen Fleischteile am besten zu behandeln sind. Wichtig für die Zartheit eines Bratens ist das Häuten. Das bedeutet die Entfernung der Fleischhäute um die Muskulatur, die Wildtiere aufgrund ihrer Fluchtreaktionen zur Ver- und Entsorgung der Muskeln brauchen. Haustiere haben diese Häute längst verloren, da sie ja nicht mehr flüchten müssen. Das kann man auch durch Einlegen in einen speziellen Rotweinsud oder Buttermilch erreichen. Deshalb wird das Fleisch nicht richtig zart, wenn das Wild im Ganzen am Spieß gebraten wird.

Es gab noch weitere Hinweise auf Bratzeit, Würzen und Beilagen zum Wild. Auch haben die verschiedenen Wildsorten wie Wildschwein, Rotwild, Damwild und Rehwild ihre eigenen Charakteristiken im Bratengeschmack. Da kommt es dann auf den Esser an, welches Wild er bevorzugt. Wild kann bei den Forstämtern in Hessen erworben werden aber nur in ganzen Stücken und im Fell oder bei den örtlichen Privatjägern, die gelegentlich auch Teile vom Wild vermarkten.

Damit war die Demonstration fast zu Ende, wer wollte, konnte sich noch mit dem Häuten des Fleisches befassen. Wenn ich so darüber nachdenke, muss das der Horror für einen Vegetarier sein, was wir da erlebt haben. Nun bin ich keiner, deshalb war ich doch etwas sauer, als die Waldjugend mit der gesamten Fleischportion plötzlich verschwunden war. Wie ich nachher aus gut unterrichteten Kreisen erfahren konnte, wurden die einzelnen Fleischteile zerkleinert und gewürzt auf dem Jurtenfeuer gebraten. Sie sollen hervorragend geschmeckt haben. Davon habe ich aber nichts abbekommen, wie schade!